Aktualisierung Hochhausrichtlinien Stadt Zürich

Zweistufige Testplanung im selektiven Verfahren, 2019-2020, Beauftragung zur Weiterentwicklung 2020-2022
Zürich Luftbild
Zürich Luftbild

Nach zwanzigjähriger Anwendungspraxis sollen die Zürcher Hochhausrichtlinien von 2001 aktualisiert und die Bau- und Zonenordnung angepasst werden.

Mit der wachsenden Stadt Zürich gilt es, die Richtlinien und Gebiete für Hochhäuser zu überprüfen und zu aktualisieren. Auf Basis einer Testplanung (2019-2020) wird E2A/KCAP/Planwerkstatt beauftragt, die Hochhausrichtlinien weiterzuentwickeln. Neben der Überarbeitung der Richtlinien werden insbesondere auch die städtebaulichen, programmatischen, typologischen und gestalterischen Anforderungen an Hochhäuser thematisiert.

Team Testplanung Aktualisierung Hochhausrichtlinien: 
E2A / Piet Eckert und Wim Eckert Architekten; Architektur
KCAP Architects & Planners; Städtebau, Stadtplanung
Planwerkstadt, Raumplanung; Infrastruktur, Verkehr
Hager Partner Landschaftsarchitekten; Landschaftsarchitektur, Stadtklima
Barbara Emmenegger; Soziologie, Stadtraum

Weitere Informationen zum Verfahren und zum Schlussbericht

Zürich-Oerlikon, Foto: E2A
Zürich-Oerlikon Foto: E2A

AUSZUG AUS DEM SCHLUSSBERICHT

Die Grundordnung der bestehenden BZO soll – auf der Suche nach einer übergeordneten «urbanen Gestalt» – gestärkt und nicht unterlaufen werden. Der Beitrag fuer des Planungsteams knüpft daher an bestehende Grundlagen, Erfahrungen und Erkenntnisse der Stadt Zürich im Umgang mit der Hochhausfrage an. Einerseits baut also auf die bisher geleistete morphologische Stadtanalyse, andererseits befruchtet er die bisherige Praxis durch ein neues, qualitäts- und  innovationsförderndes Instrument.

Das Hochhaus wird dabei nur bedingt als Verdichtungsinstrument verstanden. Es  soll dort als Sondertypologie zum Einsatz kommen, wo andere, reguläre Typen an ihre Grenzen stossen. Ziel der neuen Hochhausrichtlinen ist die Wirksamkeit nicht « defensiv » auszurichten, sondern « proaktiv und inklusiv » wirksam zu machen. Dies beinhaltet auch die die Notwendigkeit einer Differenzierung des Typus’ Hochhaus in modifizierte Untertypen, die auf die Besonderheiten und Rahmenbedingungen reagieren.

Die konkreten Leistungen der neuen Hochhausrichtlinien manifestieren sich in der Schärfung der Richtlinien mit einem fixen ( allgemeingültigen ) und einem dynamischen ( zyklisch aktualisierten ) Teil. Der fixe Teil betrifft den Plan « Hochhausgebiete » als allgemeinverbindlichen Ergänzungsplan gem. kantonalem PBG.

Der dynamische ( zyklisch aktualisierte ) Teil des Beitrags bietet mit den sogenannten Profilierungsraeumen Potential eine « aktive » Haltung des kollektiven Willens der Stadt zum Tragen kommen kann.  Die Profilierungsraeume koennen als Ergaenzung zum « Zürcher Pragmatismus » gesehen werden. Sie sind durch Leistungskriterien definiert,  gewährleisten aber auch eine  sozialräumliche Zukunftsoffenheit.

Mit den Fragen von Mitwirkung, Verfahrens- und Prozessgestaltung hat sich das Team vertieft auseinandergesetzt. Sozialraeumliche Kompetenzen sollen in die Entscheidungsprozesse verankert werden. Entwickelt werden Strategien und Wege die eine hohe Transparenz sicherstellen kann und die aufzeigt wie auf vorhandene Beduerfnisse reagiert werden kann.

Nachfolgend der Auszug aus dem Schlussbericht, der ganze Schlussbericht ist als .pdf hier verfügar: Stadt Zürich - Aktualisierung der Hochhausrichtlinien.

1. ZIELE DER NEUEN HOCHHAUSRICHTLINIEN (HHRL)

Proaktiv und inklusiv. Die neue Hochhausrichtlinie soll nicht auf Ausschlüssen basierend defensiv ausgerichtet sein, sondern Potentiale fördern und Qualitäten sichern:

Ziel der Überarbeitung sind:
• Präzisierung und Stärkung der Leistungsmerkmale
• Nachvollziehbarer kausaler Zusammenhang der drei Ausgangbedingungen: Gebiet - Typologie - Leistung
• Plausibilisierung des neuen Hochhausplans
• Ausgangslage, besondere Betrachtungsebenen und deren Gewichtung, die zu einem neuen Hochhausplan führen
• Vereinfachung der Umsetzung und Prozesse. Stärkung der Grundordnung BZO

Leistungen der neuen Hochhausrichtlinien
Neu: Anpassung Hochhausgebiete (Hinweis: Einführungen eines expliziten Hochhausquartiers (Gebiet 3))
Neu: Richtlinien mit einem fixen (allgemeingültigen) und dynamischen (zyklisch aktualisierten) Teil
Neu: Differenzierung der Hochhausanforderungen

2. DIE NEUE HHRL: ALLGEMEINGÜLTIGER TEIL

Hochhaustypen
Die heute gegenüber der bestehenden Hochhausrichtlinie evidenten häufig zugestandenen Ausnahmen trivialisieren das Instrument und belegen die Notwendigkeit, Anforderungen transparent und nachvollziehbar auf unterschiedlich komplexe Hochhaus- vorhaben zu differenzieren.
Die neue HHRL entwickelt eine progressive Qualitätsanforderung. Der Qualitätsanspruch wird damit nicht mehr wie heute allgemein und für jedes Hochhausvorhaben gleich gefasst, sondern wird entsprechend einer differenzierten Betrachtung von Hochhaustypen, von einfachen, über mittlere, bis hin zu komplexen Grossprojekten mit Qualitätsanforderungen gestaffelt.
Mit dieser Differenzierung wird das Instrument der Qualitätssicherung gestärkt und der Umgang damit plausibilisiert. Im Kontext der Entwicklung eines nachvollziehbaren, kausalen Zusammenhangs der drei Ausgangbedingungen Gebiet - Typologie - Leistung werden Leistungsanforderungen in Progression und Abhängigkeit zunehmender Hochhaushöhe und unterscheidbarer typologischer, städtebaulicher Relevanz entwickelt.

Die Höhendefinition der Hochhaustypen folgt einer Massstabseinschätzung des heutigen Kontextes und ergänzt diese mit neuen Höhen im Kontext einer optimierten Hochhausökonomie und Technik.

Folgende Hochhaustypen werden unterschieden:
Typ 1: Hohes Haus, bis 40m
Typ 2: Hochhaus, ab 40m bis 85m
Typ 3: Metro Hochhaus, ab 85m bis 250m

Matrix Gebiet-Typ-Leistung
Die Differenzierung der Leistungsanforderungen setzt die Hochhaustypen und die Gebiete, in denen sie zu stehen kommen, in ein Verhältnis. Diese Matrix aus Typ, Gebiet und Leistung formuliert die Grundanforderung des Ortsbaulichen Gewinns als Basisanforderung für ein einfaches “hohes Haus”, erweitert diese Anforderungen für Hochhäuser bis 85m Höhe und erhöht solche wiederum um Mehrwerte für die Allgemeinheit, wenn man ein komplexes Hochhaus über 85m plant. In der Matrix enthalten ist ein Anreizsystem, Hochhäuser parzellenübergreifend in einem erweiterten Stadtkontext zu planen. Die daraus entstehenden stadtplanerischen Gewinne ermöglichen es, Hochhäuser nicht nur als Einzelfallbetrachtung zu beurteilen, sondern auch stadträumliche Mehrwerte durch Planung zu generieren.

Leistungen
Die Verortung der zentralen Grundsätze der Leistungsanforderungen erfolgt im allgemeinverbindlichen Teil der neuen HHRL-Systematik, also in der Bau- und Zonenordnung (BZO). Damit wird Rechtssicherheitgarantiert. Ergänzende Erläuterungen und eine Präzisierung der Leistungen werden im dynamischen Teil der HHRL gemacht.*

*Die Triage der Leistungsmerkmale (Kriterien und Vertiefung) gemäss Kap. 2.3 mit Zuweisung auf die Kompetenzebenen Gemeinderat bzw. Stadtrat ist in einer nächsten Phase noch zu entwickeln.

Plan Hochhausgebiete (BZO-Ergänzungsplan)
Beim «Plan Hochhausgebiete» handelt es sich um einen Er-gänzungsplan gemäss kantonalem PBG und § 10 der Ver-ordnung über die Darstellung von Nutzungsplänen (VDNP). Er ist allgemeinverbindlich und wird durch dasselbe Organ erlassen, welches für die BZO zuständig ist.
Ein Hochhaus ausserhalb der blau angelegten Flächen ist nicht vorgesehen, ausser wenn wiederum der Gemeinderat ein solches legitimiert (z.B. mittels legislativem Gestaltungsplan). Der Plan Hochhausgebiete garantiert Rechtssicherheit über eine längere Zeitspanne, weshalb er nur sporadisch überprüft und allenfalls angepasst wird (10-15 Jahre). Der «BZO-Ergänzungsplan» besteht konzeptionell aus zwei unterschiedlichen Entwicklungsebenen:

Analyse: Die grundsätzlichen Gebiete für den Hochhau-seinsatz werden aus den plausibilisierten, morphologischen Analyseplänen (Zürich 2040)

Bewertung: Zusätzlich bewertete Betrachtungsebenen werden eingeführt, die Einfluss auf das Ausmass der Gebiete nehmen und die Anwendung der Hochhaustypologie weiter differenzieren.

3. DIE NEUE HOCHHAUSRICHTLINIEN: DYNAMISCHER TEIL 

Profilierungsräume
Die Profilierungsräume schärfen die dialektischen Be-ziehungen unterschiedlicher Stadtraumqualitäten. Sie basieren auf unterschiedlichen Stadtmorphologien und präzisieren polyzentrische Identitäten. Sie stellen einen proaktiven und offensiven Raum- und Planungsperimeter dar, der im Sinne der HHRL Methodik einen zu erneuernden, zu ergänzenden oder neu zu formulierenden Hochhausstandort ermöglicht. Profilierungsräume werden als Stadträume definiert, die den Einsatz von Hochhäusern auf besondere, heute teils schon vorherrschende, räumliche Eigenschaften schärfen und eine Weiterentwicklung fördern. Sie bedingen damit häufig eine spezifische Prägung der Hochhäuser, um die Qualitäten der heutigen Gebiete verbessern zu können. Sie sind prädestinierte Gebiete für zukünftige Masterpläne. Die Profilierungs-räume liegen in den Hochhausgebieten 1 bis 3.  

Profilierungsräume im Kontext regulärer Stadtmorphologien
Profilierungsräume unterscheiden sich prinzipiell von regulären, einheitlich strukturierten Stadtquartieren. 
Sie stellen Formen von Übergängen, Bruchstellen und Grenzen dar, die häufi g auf ihre landschaftliche und infrastrukturelle Grundbedingung in Zürich zurückgehen.  
Solche Übergangsräume haben für die Stadtentwicklung beachtliche Potentiale. Sie weisen zum einen auf die unterschiedlichen Qualitäten der angrenzenden Quartiere hin, zum anderen stellen sie Orte übergeordneter Orientierung dar, an denen ortstypisches Bauen an seine typologischen Grenzen der Leistungsfähigkeit kommt. Damit kommen den Profilierungsräumen eine besondere Hochhausrolle zu, die Regelhaftigkeit der regulären und kohärenten Quartiere zu ergänzen. Ihre besondere Wirkung liesse sich beispielsweise mit der Interpretation Ungers in “A Green Archipelago” vergleichen. Die Schärfung der Profi lierungsräume birgt das Potential, ein eigentliches “Zukunftsbild” Zürichs durch seine besonderen Übergangs- und Grenzräume zu definieren. 

4. HOCHHAUSPLAN

Das Konzept der Hochhausrichtlinie formuliert neu ein eigentliches Hochhausquartier. Während der Regelkörper der Stadt situativ präzisiert werden soll, kann in Form eines «Metrogebietes» das Hochhaus hier als Regeltyp etabliert werden. In heterogenen, hoch erschlossenen Stadtgebieten im Westen Zürichs werden beidseitig des Gleiskörpers neue Hochhaustypologien gefördert, welche aktiv mit städtebaulichen, gesellschaftlichen und freiräumlichen Mehrwerten verbunden werden. 
Das vorliegende Konzept der Hochhausrichtlinie bindet an die unterschiedlich gestaffelten Leistungsanforderungen von Hochhäusern ein Prinzip der Mitwirkung an, das beitragen soll, dass im Quartier relevante Entwicklungen mit der Bevölkerung abgeglichen werden und so Konsens orientierte Entwicklungen erfolgreich umgesetzt werden.

 

6. PLANUNGS- UND ENTSCHEIDUNGSPROZESSE

Allgemeingültiger und dynamischer Teil HHRL
Die künftige HHRL-Systematik verortet allgemeinverbindliche Festlegungen auf Stufe der Bau- und Zonenordnung (BZO). Dies garantiert Rechtssicherheit über eine längere Zeit. Mit Ausführungsbestimmungen auf exekutiver Ebenewerden Ergänzungen dazu gemacht und die BZO-Festlegungen präzisiert. Der Stadtrat kann so dynamisch auf laufende Entwicklungen reagieren und die Beurteilung von Hoch-häusern über die Jahre aktiv fortschreiben.

Mitwirkung und Partizipation
Warum Mitwirkung bei der Entwicklung von Hochhäusern? Hochhäuser prägen das Bild der Stadt und das Leben in den Quartieren. Sie beeinflussen die Lebensqualität insbesondere mit ihren Erdgeschossen, Freiräumen und der Anbindung an die Quartierstrukturen. Je vielfältiger oder pluraler die Stadtgesellschaft wird, desto wichtiger erscheint es, unterschiedliche Ansprüche oder Werthaltungen in der Stadtund Quartierentwicklung auszuhandeln und einzubinden. Stadt entsteht im Dialog mit der Stadtgesellschaft. Um qualitätvolle Projekte zu fördern und Entwicklungsblockaden zu verhindern, wird die Stadt und ihre Hochhäuser nicht für sondern mit der Bevölkerung entwickelt. So kann die Stadt Zürich aus den Grossprojekten wie Kongresshaus oder Hardturmstadion lernen. Ein adäquat eingesetztes Verfahren, beruht auf einsehbaren und transparenten Prozessen. 

Planungsoptionen
Je nach Entwicklungsabsicht und planerischer Ausgangslage (Einzelobjekt, Cluster, Gebietszugehörigkeit etc.), gestalten sich die Möglichkeiten für die Realisierung von Hochhäusern unterschiedlich. Abhängig von der konkreten Lage in der Stadt und den Zielsetzungen der jeweiligen Grundei-gentümer ergeben sich so verschiedene Handlungsoptionen. Nachfolgende Matrix zeigt die möglichen Wege und Erfordernisse.

Testmodell
Testmodell

Aktualisierung Hochhausrichtlinien Stadt Zürich

2022
Address

Lindenhofstrasse 19
8001 Zürich
Switzerland

Client
Stadt Zürich, Amt für Städtebau
Realization
2019
2022
Key facts

Verfahren: zweistufige Testplanung, im selektiven Verfahren

Team Testplanung Aktualisierung Hochhausrichtlinien: 
E2A / Piet Eckert und Wim Eckert Architekten ETH BSA SIA AG; Architektur
KCAP Architects & Planners GmbH; Städtebau, Stadtplanung
Hager Partner AG Landschaftsarchitekten; Landschaftsarchitektur, Stadtklima
Planwerkstadt AG; Raumplanung, Prozesse, Städtebau
Barbara Emmenegger; Soziologie, Stadtraum