2011: a mies odyssey
Tibor Joanelly
Am Zürichsee dient ein neu erstellter Gemeindesaal verschiedensten Nutzeransprüchen. Mit monumentaler Geste werden programmatische Widersprüche elegant überblendet, und die rauhe Umgebung erhält ein architektonisches Gegengewicht. Oftmals schon hat sich der hier Schreibende die Frage gestellt, welches die für Zürich typischste Ansicht wäre. Und häufig wird Fremden von Zürich ein Panorama gezeigt, bei dem man die Stadt von einer höheren Warte aus überblickt, am Nachmittag, mit dem Industriequartier und der Altstadt im Vordergrund, mit dem See in der Mitte des Bildes und mit den föhnnahen Alpen am Horizont. Wenn es aber darum ginge, Zürich in die Totalität eines einzelnen Bildes zu fassen – etwa wie im ersten Kapitel von Gottfried Kellers «Grünem Heinrich» – dann muss obige Ansicht in Zeit und Raum umgedreht werden, und die Stadt wird zum gleichmässig schimmernden nächtlichen Lichtermeer um das Schwarz des Seebeckens. Zürich erstreckt sich dann weit den See hinauf, so weit, bis sich die Lichter der dichten Bebauung in der Ferne verlieren. Hier schwingt etwas mit von einer Stadt, die gerne auch Los Angeles wäre und doch gefangen bleibt in ihrer engen landschaftlichen Kammer.
(...). Eine der Gemeinden am oberen Ende des Sees ist Stäfa. Die «Riviera» dort ist dörflich-mediterran geprägt, sie zeugt von beschaulichem Reichtum und von Rechtschaffenheit. Weiter weg vom See, den sanft ansteigenden Hügel hoch, erscheint die Bebauung allmählich weniger kompakt, wird mittelländisch zersiedelt, bleibt aber noch immer dicht genug, dass man von einer durchgehenden und wohlgeordneten Siedlungsstruktur sprechen kann. Dann, zwischen Einfamilienhäusern und altem Dorfkern, finden sich Wohnblocks aus den 1960er Jahren, klar und hart geschnittene Volumen über Garagen, teilweise auf Pilotis gesetzt. Man steht vor sozialem Wohnungsbau, trist, wie man ihn kennt. Genau hier haben e2a Architekten in der angrenzenden Schulanlage einen Gemeinde- und Musiksaal mit Bibliothek geplant.