Die Stadt grösser denken
Mehr denn je leidet die Schweiz unter einem räumlichen Strukturdilemma: Während sich die Politik an der Definition nachhaltig ökologischer Ziele abarbeitet, verpasst sie eine längst überfällige Reform: die Zusammenfassung der heutigen Kleinteiligkeit der Entwicklungsräume zu einer kritischen Grösse. Die fehlende Planungsautorität dokumentiert eine dramatisch gewordene Konzeptlosigkeit der Raumentwicklung.
Auch wenn man ihre Existenz beklagt, ist die Agglomeration die Stadt, die geworden ist. Ihr Flächenangebot hat unsere bisherigen Städte veranlasst, Kleinstadt zu bleiben und sich einem potenziell grösseren Wachstum zu verweigern. Den Zentren ist die Angst vor Grösse und Veränderung bis heute geblieben, obwohl die gewordene Stadt ihnen beides längst abgenommen hat.
Aus dem radialen Strukturprinzip der bestehenden Städte sind axiale Ballungsräume entstanden, die sich nicht an kommunalen Strukturen ausrichten. Dabei haben sich Nutzniesser, Kosten- und Entscheidungsträger heute derart auseinanderdividiert, dass das Gesamtsystem nicht mehr steuerbar ist. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass die Siedlungsräume immer gleicher, ortloser und austauschbarer werden. Ihr Angleichungsprozess ist logisch und Teil unserer Raumordnung geworden. Aus ihr spricht ein schweizerisch-föderativer Gerechtigkeitssinn, der jedem das Gleiche zugesteht und sich als expliziter Gegner jeglicher urbanen Konzentration zu erkennen gibt.
Da sich Raumstrukturen kaum mit Verwaltungsstrukturen decken, ist die Vorstellung eines kohärenten Siedlungsraums schwer einlösbar. Die Kleinteiligkeit der Kommunalstrukturen blockiert die Festlegung raumrelevanter Entscheidungen – die, soll von einer gestaltenden Planung die Rede sein, immer mit der Setzung von Prioritäten verbunden sein werden: Man wird festlegen müssen, wo sinnvollerweise Entwicklung stattfinden darf und wo nicht.